Als Hochzeitsfotografin dokumentiert Stephanie professionell einen der bedeutendsten Tage im Leben eines Paares. Im Juni letzten Jahres lernte ich Stephanie auf einer Vermählung im Schloss Hugenpoet in Essen kennen. Menschlich befanden wir uns sofort auf einer Wellenlänge. Später erfuhr ich, dass sie einen Hochzeitdienstleister-Stammtisch in Köln leitet, an dem wir uns zum Interview trafen.

1. Bei unserem ersten Kontakt lernten wir uns auf einem Schloss kennen. Auf mich wirken alte Gemäuer faszinierend und geheimnisvoll zugleich. Gibt es für Dich ein Ambiente, zu dem Du Dich als Fotografin besonders hingezogen fühlst? Ich mag Gebäude mit marodem Charme, z.B. das Rittergut Orr oder die Wasserburg Geretzhoven, wo nicht alles perfekt ist und die Location einen schönen Kontrast zu dem glamourösen Hochzeitspaar bildet. Verwunschene Gärten mit hohem Gras, alten Bäumen und wilden Blumen eignen sich hervorragend für Fotos. Alte Schlösser haben natürlich ihren eigenen Reiz, ein Paarshooting in einem alten Gewölbe oder in einem Festsaal gefallen mir auch gut. Das Schloss Hugenpoet in Essen bietet indoor wie outdoor viele schöne Plätze zum Fotografieren. Mein größter Wunsch ist eine Trauung am Strand, am liebsten in Thailand. Für ein After-Wedding-Shooting war ich schon in Holland am Meer, aber eine ganze Hochzeitsreportage fehlt mir noch. Ich finde es immer wünschenswert, dass die Paare einen Bezug zu ihrer Location haben, dass z.B. Wanderer auf einer urigen Berghütte feiern oder sich ein Hippiepaar im Zirkuszelt das Jawort gibt. 2. War denn Fotografie immer schon Deine Hauptberufung? Meine Ausbildung zur Fotografin war eher Zufall, erst später wurde die Fotografie für mich zur Berufung: In den 1990er Jahren wollte ich eigentlich Grafikdesignerin oder Schauwerbegestalterin werden. Dann wurde bei uns im Ort eine Lehrstelle zur Fotografin angeboten. Ich war in meinem ersten Jahr vorm Fachabitur - aber der Gedanke, Fotografin zu werden, gefiel mir. In einem kleinen Studio im Münsterland absolvierte ich eine klassische Ausbildung zur Portraitfotografin. Als Gesellin zog es mich anschließend nach Düsseldorf in ein großes Werbestudio. Leider war der Verdienst so schlecht, dass ich immer noch auf die Unterstützung meiner Eltern angewiesen war. Nach einem Jahr zog ich weiter und sammelte Erfahrungen im Bereich Pressefotografie. Gerne hätte ich damals schon selbstständig als Portraitfotografin gearbeitet, aber ohne eigenes Studio und ohne Meisterbrief war das nicht möglich. Auf Umwegen kam ich zum Fernsehen. Dort erhielt ich die Chance, eine Ausbildung zur Bildmischerin zu machen und so den Bildschnitt bei Livesendungen zu übernehmen. Diesen Beruf habe ich bis zu Beginn meines Mutterschutzes ausgeübt. 3. Was hat Dich wieder zur Fotografie geführt? Nach der Geburt meiner Tochter ging ich für ein Jahr in Elternzeit. Inzwischen hatte ich mir eine digitale Spiegelreflexkamera zugelegt. Ein Motiv war immer da, und auch die Kinder von Freunden waren vor meiner Kamera nicht sicher. Ich hatte große Freude an der digitalen Fotografie, es war auch alles viel einfacher geworden, das Ergebnis sofort sichtbar, und am Computer konnte ich die Fotos nach eigenen Vorstellungen bearbeiten. Zum Ende der Elternzeit erstellte ich mir eine eigene Homepage und übernahm Aufträge einer befreundeten Hochzeitsfotografin, die auch gerade ihr erstes Kind erwartete. Ich bin sehr froh, dass mich meine Tochter wieder zurück zur Fotografie geführt hat. 4. Erinnere ich mich an die Fotografie der 1990er, denke ich an Analogfotografie. Und an überbelichtete Negativfilme. Wie waghalsig war damals die Hochzeitsfotografie? Nach jeder Hochzeit habe ich gezittert: Sind alle Bilder richtig belichtet? Habe ich ein Gruppenfoto, auf dem alle Gäste die Augen auf haben? Filme und die Entwicklung waren teuer. Mir ist es damals auch schon passiert, dass Filme nicht mehr aus dem Labor zurückkamen. Aber ich war zum Glück nur Angestellte, und mein Chef musste es dem Brautpaar schonend beibringen. Innenaufnahmen ohne Blitz waren so gut wie gar nicht machbar, es gab zwar hochempfindliche Filme, aber die Bilder waren dann sehr grobkörnig und nicht wirklich scharf. Vor jeder Aufnahme wurde mit externem Belichtungsmesser die korrekte Belichtung ermittelt. Ich habe oft nur 24 Fotos für das Hochzeitsshooting zur Verfügung gehabt, ein paar Bilder von dem Brautpaar und einige wenige Gruppenfotos. 5. 24 Fotos sind überschaubar. Gucke ich an meine Fotowand hängt dort ein Foto meiner Hochzeit, die restlichen verstecken sich in einem Album. Was bekommt ein Hochzeitspaar von Dir geboten? Bei einer Ganztagesreportage komme ich mit ca. 2000 Fotos nach Hause. Meine Assistentin fotografiert bei der Trauung, der Gratulation und dem Sektempfang auch immer mit, dabei entstehen Fotos von der gleichen Situation aus verschiedenen Blickwinkeln. Nach der Sichtung, die ca. drei bis vier Stunden dauert, bearbeite ich ca. 600-800 Fotos für das Paar. Mir sind Momentaufnahmen und auch Fotos von den Gästen wichtig, damit das Paar den Tag noch einmal erleben kann. Jedes Bild wird einzeln bearbeitet, Kontrast, Helligkeit und Farbe werden so angepasst, dass alle Bilder einen einheitlichen Look erhalten. Geeignete Fotos wandle ich in Schwarz-Weiß-Aufnahmen um. Dabei schenke ich den Bildern vom Paarshooting besondere Aufmerksamkeit. Hier werden auch kleine Hautunreinheiten entfernt und die Hauttöne optimal angepasst. Die Bearbeitung aller Bilder dauert durchschnittlich zwei Tage. Anschließend erhält jedes Paar von mir einen Stick mit den Fotos in hoher Auflösung und einige hochwertige Prints. Nach Kundenwunsch erstelle ich später die Alben mit den Lieblingsbildern des Brautpaares. 6. Jedes Paar erhofft sich das schönste Wetter. Was tun, wenn es regnet, stürmt oder keine Sonne scheint? Das stimmt, fast jedes Paar wünscht sich Sonne, dabei ist ein bewölkter Himmel für die Fotos am Tag oft besser als die pralle Nachmittagssonne. Das Paarshooting findet aus Zeitmangel mittags vor der Trauung oder nach dem Sektempfang statt. Im Sommer steht die Sonne dann direkt über uns, so dass wir uns für die Aufnahmen meist in den Schatten unter Bäume stellen. Ist es bewölkt, können wir überall fotografieren. Falls es an dem Tag regnet, habe ich immer einen großen Schirm im Auto. Bei fast jeder Location gibt es aber außerdem die Möglichkeit, indoor unter einem Torbogen oder einem Dach zu fotografieren. In der Regel regnet es auch nicht den ganzen Tag, so dass wir das Paarshooting in die Regenpause verlegen können. Fotos im Regen, eng aneinander gekuschelt unter dem Schirm, haben für mich auch einen besonderen Reiz. Vor allem abends, dann kann ich die Regentropfen mit dem Blitz noch anleuchten. In den letzten neun Jahren gab es immer irgendeine Lösung. Aber falls es doch einmal überhaupt keine Möglichkeit geben sollte, würde ich nur ein paar Bilder am Hochzeitstag machen und das Paar zu einem After-Wedding-Shooting treffen.
 
Die Blogs sind voll von Styleshoots und auch die Webseiten der Fotografen. Leider können die Paare nicht immer erkennen, ob es sich um eine echte Hochzeit handelt oder um ein "gefaktes" Shooting. Stephanie Kunde, Hochzeitsfotografin
 
7. Bei vielen Fotografen scheint es trendy zu sein, die heimischen Gefilde zu verlassen und für ein Styleshoot sonderbare Plätze aufzusuchen. Wie gehst Du mit diesem Thema um? Die Blogs sind voll von Styleshoots und auch die Webseiten der Fotografen. Leider können die Paare nicht immer erkennen, ob es sich um eine echte Hochzeit handelt oder um ein "gefaktes" Shooting. Auch ich habe schon einige Styleshoots organisiert, diese aber auch immer kenntlich gemacht. Das würde ich mir auch von den Kollegen wünschen. Denn einige Brautpaare setzen sich durch diese Shootings enorm unter Druck, weil sie es genauso schön inszeniert wie bei den Styleshoots haben möchten, also eine perfekte Kulisse schaffen wollen. Bei einer echten Hochzeit ist aber natürlich alles anders. Ich finde es ganz wichtig, nicht das Wesentliche zu vergessen, nämlich, dass es an diesem Tag vor allem anderen darum geht, die Liebe mit den liebsten Menschen zu feiern. Ein Styleshoot soll die Paare lediglich inspirieren. Ich nutze ein Styleshoot, um kreativ zu werden und um Dinge auszuprobieren, die ich später auf einer echten Hochzeit umsetzen kann. Auch die Zusammenarbeit mit anderen Dienstleistern ist immer eine Bereicherung. Letztes Jahr waren wir mit einer Designerin, einer Maskenbildnerin und einem Model in Portugal an der Algarve. Es war für mich wie Urlaub mit Freunden und gleichzeitig durfte ich das tun, was ich am liebsten mache: Fotografieren. Ein anderes Mal haben wir uns mit ca. zehn verschieden Dienstleistern zusammen getan und ein Indoor-Shooting für ein Hochzeitsmagazin erstellt. Das dient natürlich auch als Werbung für uns und zeigt, dass Hochzeitsfotos nicht zwingend outdoor entstehen müssen. Styleshoots haben ihre Berechtigung, aber Fotos von einer echten Hochzeitsreportage mit zwei Menschen, die sich lieben, berühren mich stärker. 8. Welche ungewöhnlichen Locations hattest Du bisher bei Hochzeitsreportagen? Ich bin ein großer Fan von freien Trauungen, in der die Zeremonie und die Location auf das Paar zugeschnitten sind. In Erinnerung geblieben sind mir eine Lichtung im Wald, eine Trauung auf einem Schiff und eine Eheschließung auf einem alten Weinberg. After-Wedding- oder Engagement-Shootings eignen sich hervorragend, um mit den Paaren ungewöhnliche Locations aufzusuchen. Meine Favoriten waren bisher Paris, Noordwijk, Sri Lanka und der Eibsee. Dieses Jahr begleite ich eine Hochzeit in Lissabon, darauf freue mich schon besonders. 9. Viele Paare buchen ihren Dienstleister ein Jahr im Voraus. Wie weit geht bei Dir die Vorlaufzeit und wie darf ich mir Deine Vorgehensweise vor, nach und während der Hochzeit vorstellen? Seit fast zehn Jahren arbeite ich als freiberufliche Hochzeitsfotografin. Früher wurde ich drei Monate vor der Hochzeit gebucht. Inzwischen fragen mich Kunden in Einzelfällen sogar zwei Jahre im Voraus an, aber in der Regel buchen mich die Paare tatsächlich ein Jahr vor Ihrer Hochzeit. Die Anfrage erhalte ich oft per Mail, ist der Termin noch frei, sende ich Ihnen meine Preisliste. Wenn Ihnen das Angebot zusagt, vereinbaren wir einen Termin zum Kennenlernen. Falls das Paar nicht in der Nähe wohnt, findet das erste Gespräch auch per Skype statt. Mir ist es besonders wichtig, dass wir uns vor der Buchung kennenlernen. Bei der Begleitung komme ich den Paaren am Hochzeitstag sehr nahe, deshalb ist es wichtig, dass die Chemie zwischen uns stimmt, und das Paar mir hundertprozentig vertraut. Gerne berate ich das Brautpaar auch bei der Auswahl von anderen Dienstleistern. In unserer Stammtischgruppe sind inzwischen über 700 Menschen aus der Hochzeitswelt, viele davon kenne ich persönlich. Ich freue mich, wenn ich eine gute Maskenbildnerin oder einen professionellen DJ vermitteln kann. Die Paare profitieren von meiner Erfahrung, und mir wird die Arbeit erleichtert. Eine Braut, die sich mit Ihrer Frisur und dem Makeup rundherum wohl fühlt, ist vor der Kamera später entspannter, glücklicher und somit noch schöner. Bringt der DJ mit seiner Musikauswahl die Gäste auf die Tanzfläche zum Ausrasten, kann ich tolle Motive sammeln. 10. Welche Tipps hast Du für Brautpaare, die einen Fotografen suchen? In erste Linie sollten sich die Paare vollständige Hochzeitsreportagen auf der Homepage des Fotografen ansehen. Schöne Fotos haben viele Fotografen auf ihrer Seite, aber eine durchgehende Qualität über den ganzen Tag macht den Unterschied. Die Bilder und der Stil müssen dem Paar gefallen. Jeder Fotograf arbeitet anders, einige inszenieren viel und andere Fotografen, so wie ich, sind eher Beobachter und dokumentieren den Tag. Schaut euch die Seiten genau an. Ist Euch der Fotograf auf seiner Webseite sympathisch, schlage ich vor, ruft ihn direkt an. Am Telefon merkt ihr schon, ob ihr mit der Person auf einer Wellenlänge seid oder nicht. Ein persönliches Treffen oder eine Skype-Session darf aber vor der Buchung nicht fehlen. Fragt ihn was Euch wichtig ist, ein paar Beispiele: Arbeitest Du allein oder mit Assistenz/Second Shooter? Was erhalten wir anschließend, gibt es noch Zusatzkosten? Wie viele Hochzeiten hast Du schon begleitet? Habt ihr schon in der Location fotografiert und könnt Referenzbilder zeigen? 11. Abschließend interessiert mich als DJ Dein Musikgeschmack. Was hörst Du aktuell? Wie lauten Deine Evergreens? Ich habe tatsächlich nicht so viel Ahnung von Musik. Was gerade in den Charts läuft, darf man mich nicht fragen, und ich kann mir auch selten Interpreten oder Titel merken. Ich mag die Musik von Peter Fox, Bruno Mars und höre auch gerne die alte Sachen, von Queen, Elvis Presley oder Aretha Franklin. In den letzten Jahren wurde nahezu auf jeder Hochzeit "Happy" gespielt, und ich kann mir gut vorstellen, dass Du als DJ die Krise bekommst, aber mich hat man dann immer grinsend mit der Kamera auf der Tanzfläche gefunden. Zum Tanzen höre ich auch sehr gerne die neuen kölschen Karnevalslieder, von Kasalla oder Brings. Auf einer Hochzeit wurde das Paar am Ende der Zeremonie von allen Gäste mit roten Pappnasen überrascht, für das Brautpaar wurde von allen rund um den Altar "Et jitt kei Wood" von Cat Ballou gesungen. Das war für mich als Karnevalsjeck auch ein besonders emotionaler Moment. Immer wenn ich jetzt das Lied höre, denke ich an diesen tollen Augenblick und an das Paar zurück. Stephanie, vielen Dank für unser Gespräch!
Über Stephanie Kunde, Hochzeitsfotografin Stephanie Kunde wurde am 07. April 1972 im Münsterland geboren. Nach ihrer Ausbildung in einem Portraitstudio in Beckum, zog es sie in ein Werbestudio nach Düsseldorf. Später arbeitete sie als Presse -und Portraitfotografin, absolvierte danach eine Weiterbildung zur Bildmischerin und arbeitete bis zu der Geburt ihrer Tochter als Freiberuflerin bei verschiedenen Fernsehsendern. In der Elternzeit beschäftigte sie sich mit der digitalen Fotografie und arbeitet seitdem in den Bereichen Hochzeit, Portrait und Business. Sie lebt mit ihrem Freund, der gemeinsamen 9-jährigen Tochter und ihrem 15-jährigen Hund in Hürth bei Köln. In ihrer Freizeit geht sie joggen, zum Yoga und kocht gerne asiatisches Essen mit Freunden.
Über Mario Januskevicius, DJ und Interviewer Mario Januskevicius wurde 1980 in Neuss bei Düsseldorf geboren. Nach einer Ausbildung zum Mediengestalter beim Kölner TV-Sender VIVA blieb er Medien, Musik und Events treu. Nach Zwischenstopps bei Red Bull, Lucky Strike und RTL konzentriert er sich auf das, was er besonders kann: Disc Jockey, Kundenbetreuung, Webdesign. Mario zählt sich zu den professionellsten DJs der Hochzeitsbranche und ist Mitbegründer des Meetups "Wedding Talk", das ein Netzwerk aus hochkarätigen Dienstleistern vereint. Seit zwei Jahrzehnten sorgt er auf Hochzeiten und Firmenveranstaltungen für den musikalischen Kick. In seiner Freizeit schwingt er den Rasenmäher, dreht Schallplatten und spielt Badminton.